Neues Insektenhotel – Wer kann noch Materialien beisteuern?

Wie in unserem letzten Update angekündigt gibt es wieder Neuigkeiten zu unseren Bienenweiden. Das geplantes Bienenhäuschen ist jetzt nämlich da. 

Unsere Truppe aus engagierten Mitbürger*innen hat es sich zum Ziel gemacht in dem Beet an der Kreuzung Duisburger Straße, Ecke Moerser Straße ein Bienenhäuschen der Marke Eigenbau entstehen zu lassen. Dazu trafen wir uns am 19.06 am Beet und machten uns fleißig ans Werk. 

Nach einem kleinen Aufruf innerhalb unserer Gruppe, konnten wir bereits eine Menge an nützlichen Materialien zusammenbekommen. Zudem wurde durch Lucas super tolle Vorarbeit geleistet und ein sehr schönes Dach gezimmert. Mit dieser tollen Ausgangslage ging es dann motiviert zu Sache. 

Zuerst haben wir für einen ebenen Untergrund gesorgt, damit das Bienenhäuschen auch einen stabilen Stand hat. Ja die Steinplatten waren schwer 😀 Im Anschluss haben wir einige Paletten zurechtgeschnitten und getürmt, um viele Zwischenräume zu schaffen, die wir dann mit einigen Materialen wie Stroh, Lehmziegeln und Bambus gefüllt haben. Dort sollen dann in Zukunft möglichst viele Insekten und auch Bienen ihr neues Heim entdecken.

Zum Schluss wurde das Dach montiert und mit einer Dachbegrünung ausgestattet, um wieder zusätzliche Grünfläche zu schaffen.

Wir hatten aber recht schnell gemerkt, dass wir doch etwas mehr an Füllmaterialien gebrauchen könnten. Also hier der kleine Aufruf an Rheinhauser*innen, die sich auch noch an dem Projekt beteiligen möchten. Wer hat zu Hause noch etwas rumliegen, dass in das Bienenhäuschen eingebaut werden kann? Voraussetzung ist nur, dass es Insektenfreundlich und in keiner Weise vorbelastet ist. Meldet euch doch bei uns und freut euch in Zukunft, wenn ihr an dem Häuschen vorbeilauft, dass ihr auch dazu beigetragen habt, etwas Neues in Rheinhausen entstehen zu lassen.

bienenweiden@du-bist-rheinhausen.de

Wenn alle Zwischenräume gefüllt worden sind, montieren wir ein Vogelschutznetz an den äußeren Seiten. Dieses Netz schützt die Larven vor hungrigen Vögeln, damit diese nicht gefressen werden. Dann sind wir vorerst fertig mit dem Projekt und hoffen, dass sowohl die Insekten, wie auch die Rheinhauser*innen sich über das neue Bienenhäuschen freuen. 

Sagt uns doch gerne euer Meinung zu diesem Projekt. Oder meldet euch, wenn ihr euch der Gruppe noch anschließen möchtet. Je mehr wir sind, umso mehr Ideen wie diese können wir zusammen umsetzen.

Geschichtenretter Kurt Unger

Herr Kurt Unger hat 1965 bei KRUPP Stahl- und Maschinenbau (später KRUPP Industrietechnik) in der Abteilung Wasserbau (später Fördertechnik) als Konstrukteur angefangen zu arbeiten. Als Konstrukteur war er im weitesten Sinne in der Stahlverarbeitung tätig. Die Erstellung von rechnerischen und zeichnerischen Unterlagen für die Herstellung von Anlagen gehört zu seinen täglichen Aufgaben. Bei Krupp in Rheinhausen waren das im Allgemeinen Hochbauten, Brücken, Schleusen für die Schifffahrt, Riesenbagger für den Braunkohleabbau, riesige Spiegelantennen, Verseilmaschinen und im ganz persönlichen Falle von Herrn Unger, bühnentechnische Einrichtungen und vieles andere mehr.

Für die Ausstellung überlässt Herr Unger uns als Dauerleihgabe Gegenstände die vor der Digitalisierung einen großen Nutzen in seinem Arbeitsalltag für statische Berechnungen hatten. Im Bild oben seht Ihr eine manuell betriebene Rechenmaschine Bauart Brunsviga (rechts), einen Rechenschieber (links), einen Addiator (mitte), einen Sharp-Taschenrechner mit wissenschaftlichen Funktionen (unten) und ein Tabellenbuch von F.G. Gauß. 1990 erhielt Herr Unger die silberne Ehrennadel für die 25-jährige Betriebszugehörigkeit. Dazu gabs auch noch eine Krawatte mit den Kruppringen drauf, die nicht wirklich von ihm getragen aber in allen Ehren gehalten wurde. 1992, 2 Jahre später, wurde er entlassen.

“Bei meiner Entlassung 1992 wurden von der kruppschen Personalabteilung gesundheitliche Gründe angegeben. Die Vertrauensärztin auf dem Arbeitsamt (heute Jobcenter) wollte von mir die gesundheitlichen Gründe erfahren. Da konnte ich lediglich auf mein Sportabzeichen verweisen”.

Geschichtenretterin Ingrid Lenders

Heute 70 Jahre alt, kam Ingrid Lenders mit 6 Jahren gemeinsam mit ihren Eltern aus Freiberg zu Sachsen nach Rumeln-Kaldenhausen und wuchs hier bei uns im Westen als ältestes von sieben Kindern bei ihrer Familie auf. Nach dem Besuch der evangelischen Volksschule zu Kaldenhausen, ihrer Konfirmation und einer Ausbildung zur technischen Zeichnerin, hat sie die letzten Jahre ihrer Berufstätigkeit an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NRW (heute HSPV NRW) in Duisburg-Großenbaum gearbeitet. Während des Arbeitskampfes war Ingrid Lenders Mutter einer Tochter und Tagespflegemutter und arbeitete an 3 Tagen in der Woche abends in einem Großhandel.

1973 lernte sie ihren Mann kennen, einen Kruppianer, den sie sehr schnell, nämlich schon im April 1974 heiratete. Obwohl…  Frau Lenders erzählte uns, dass man damals eigentlich nur die Arbeiter, die in der eigentlichen Stahlproduktion und über Jahre hinweg in der gleichen Schicht gearbeitet haben, Kruppianer nannte. Ihr Mann hat eine vierjährige Ausbildung zum Werkstoffprüfer bei Krupp gemacht und gehörte somit nicht zu den Arbeitern in der Produktion. Bis er am 19. Mai 1988 sein Versetzungsschreiben nach Bochum erhielt (welches das Datum 16. Mai 1988 trug), hat er in der Versuchsanstalt von Krupp Rheinhausen gearbeitet. Aus unserer Sicht heute, würden wir ihn dennoch einen Kruppianer nennen. 

“Am stärksten prägte mich der Arbeitskampf um das Krupp-Hüttenwerk 1987 / 1988. 160 Tage und Nächte kämpften wir vehement um den Erhalt der Arbeitsplätze. Ich gehörte zu den ersten Frauen, die sich am 03. Dezember 1987 in der Krupp’schen Menage (die Kantine von Krupp) in die Liste eingetragen haben, um in der Fraueninitiative diesen Arbeitskampf zu unterstützen. Wir Frauen wollten an der Seite der Männer mitkämpfen, wir wollten den Männern Halt, Kraft und Mut geben, um durchzuhalten. Das beeindruckendste Erlebnis war der Walzwerksgottesdienst in der großen Werkshalle. 25.000 Menschen kamen zusammen und feierten den „Brot und Rosen“ Gottesdienst. Vorher gab es den gewaltigen Fackelzug durch Rheinhausen. Diese Bilder werde ich nie vergessen.”

Dieser Gottesdienst ist Ingrid Lenders ganz besonders in Erinnerung geblieben, unter anderem auch weil Norbert Blüm, der damalige Arbeitsminister, plötzlich dort in der Werkshalle erschien und mit Pfiffen und empörten Zwischenrufen empfangen wurde. Die Kruppianer waren sehr aufgebracht und die Situation drohte zu eskalieren, erinnert sich Frau Lenders. In diesem Moment hat die Musikerin Fasia Jansen, die die Fraueninitiative während des Arbeitskampfes musikalisch unterstützte und auch den Gottesdienst entsprechend musikalisch begleitete, angefangen eines ihrer Lieder anzustimmen, erzählt sie. Die Frauen der Initiative stimmten ein und nach und nach auch die Männer und gemeinsam sangen alle:

Keiner schiebt uns weg!

Keiner,ja keiner schiebt uns weg.
Keiner, ja keiner schiebt uns weg.
So, wie ein Baum beständig steht im Wasser.
Keiner schiebt uns weg.

Die Hütte bleibt bestehen.
Keiner schiebt uns weg.
Der Cromme, der muß gehen.
Keiner schiebt uns weg.
Die Solidarität geht immer weiter.
Keiner schiebt uns weg.

Denk Norbert an die Wahlen.
Keiner schiebt uns weg.
Der Bund der muss bezahlen.
Keiner schiebt uns weg.
Die Solidarität geht immer weiter.
Keiner schiebt uns weg.

Wir sind die Hüttenfrauen.
Keiner schiebt uns weg.
Auf uns da könnt ihr bauen.
Keiner schiebt uns weg.
Die Solidarität geht immer weiter.
Keiner schiebt uns weg.

Auf Youtube haben wir eine Version dieses besonderen Liedes gefunden, die Euch einen Eindruck gibt, wie sich das damals angehört hat: https://www.youtube.com/watch?v=zjbI3iBaP5E

So gelang es den Frauen, die Wogen wieder zu glätten erzählt uns Frau Lenders.

“Meine Rose von damals habe ich noch. Sie ist in einem Bilderrahmen und hängt an der Wand im Flur.”

Dieses Lied, das damals angestimmt wurde, um die Situation zu deeskalieren, hat den gesamten Arbeitskampf begleitet und es wurden, je nach Aktionen der Kruppianer und Reaktionen aus der Geschäftsführung oder der Politik von den Frauen aus der Fraueninitiative um weitere Strophen ergänzt. Die Initiative traf sich jeden Dienstag in der Menage. Es gab einen Kern von ca. 50 Frauen, die gemeinsam ganz gezielt weitere Aktionen geplante haben. Im Gegensatz zu den Männern, die manchmal einfach drauf losgezogen sind, sind die Frauen etwas strategischer und gezielter in der Planung ihrer Aktionen vorgegangen, berichtet uns Frau Lenders.

Frau Lenders wohnt heute noch, seit mittlerweile 35 Jahren mit ihrem Mann in der Margarethen Siedlung, die einst Friedrich Krupp für seine Arbeiter erbauen ließ. Für sie ist die Margarethensiedlung das Herzstück von Rheinhausen Hochemmerich. Die Siedlung wurde nach englischem Vorbild mit Gartenstadt-Charakter in 5 Bauabschnitten erbaut. Die Margarethensiedlung steht exemplarisch für Vieles, das Friedrich Krupp für seine Arbeiter in Rheinhausen erschaffen hat. Da gab es beispielsweise einen Betriebsarzt oder einen Friseur auf dem Firmengelände. Lebensmittel kaufte man in Rheinhausen im “Konsum”. Badehäuser, Waschhäuser und das “Bertha Krankenhaus” wurden von Friedrich Krupp für seine Arbeiter errichtet. Wenn Frau Lenders in ihrem Haus aus dem Fenster schaute, hatte sie einen direkten Blick auf den Hochofen.

“Als der Hochofen gesprengt wurde, wurden die Kruppianer mitten ins Herzen getroffen.“

 

Am 01.05.2021 wurde auf WDR5 ein Interview mit Ingrid Lenders veröffentlicht, das wir Euch nur empfehlen können, wenn Ihr Frau Lenders persönlich erzählen hören möchtet:

https://www1.wdr.de/mediathek/audio/wdr5/wdr5-erlebte-geschichten/audio-ingrid-lenders-fraueninitiative-rheinhausen-100.html

Geschichtenretter Klaus Sefzig

Klaus Sefzig ist seit vielen Jahren für den gemeinnützigen Verein “Freundeskreis lebendige Grafschaft e.V.”, ansässig im alten Lehrerhaus in Friemersheim, in der Ahnenforschung aktiv und bemüht sich seit Jahren in verschiedenen anderen Projekten darum, dass die Rheinhauser Geschichte nicht verloren geht. Vom Landschaftsverband Rheinland und Oberbürgermeister Sören Link wurde ihm für sein Engagement um die Heimatgeschichte der „Rheinlandtaler“ verliehen. Klaus Sefzig ist also nicht nur in Sachen Krupp ein Geschichtenretter für Rheinhausen. 

Ich bin 1946 aus Ostpreußen geflüchtet, mit meiner Mutter und meinem Bruder an der Hand und nach Rheinhausen gekommen. Nach meiner Lehrzeit in Homberg habe ich bei Krupp im Wasserwerk als Maschinenschlosser eine Stelle bekommen und dann angefangen dort zu arbeiten. Zu dieser Zeit suchte die Haupt-Lehrwerkstatt Schüler zur Ausbildung als Vorarbeiter oder Meister. Nach 3 Jahren Schulbesuch war ich Meister für Eisen- und Hüttenwesen, Industriemeister und später Techniker.

Eine besondere Erinnerung, die ich habe: Kaiser Haile Selassi besuchte 1954 das Hüttenwerk und alle mussten fegen und aufräumen. 1968 Habe ich den Arbeitgeber gewechselt. Damals bestand noch der feste Glaube an einen sicheren Arbeitsplatz. Ich erinnere mich noch daran wie meine Mutter sehr aufgeregt reagiert hat und mit mir schimpfte wie ich mich von einer „Weltfirma“ trennen könnte. Und das zu einer Zeit wo ausländische Arbeitskräfte angeworben wurden. Es begann die Zeit der Pizza, Paella und Döner in Rheinhausen.

Zu der Frage: “Was sollte jeder in Rheinhausen über die Krupp-Geschichte in Rheinhausen wissen” denke ich: Eigentlich ist über Krupp schon soviel geschrieben worden, dass jeder alles wissen müsste. Gut wären mal Wissensfragen an die Rheinhauser*innen: Zum Beispiel: Wer gründete wann Krupp ? Was stellte Krupp her? Wie viele Personen waren dort max. tätig? Besondere Orte in Rheinhausen, die mich an Krupp erinnern sind: Atrop, das eine Kruppsiedlung wurde und Schwarzenberg. Schwarzenberg verlor dann irgendwann seine Sportstätte, weil hier für die rasant ansteigende Einwohnerzahl Wohnungen gebaut wurden. Durch den Bau einer Sinteranlage ist halb Bliersheim verschwunden.

Wenn wir in der Familie heute zusammenkommen, wird immer wieder erwähnt, dass wir damals viel mehr malocht haben und zusätzlich auch noch mehr Sport betrieben haben als heute. Eben nicht nur „Daumensport“ auf dem Smartphone, wie es heute eher üblich ist.

Wenn ich an die Brücke der Solidarität denke, dann denke ich daran, dass sich dort Menschen vieler Nationen aus verschiedenen Teilen Deutschlands zu Fackelmärschen und Gebeten trafen und zusammen kamen. Vor allem aber denke ich an die Mahnwachen auf der Brücke, um die Stilllegung des Werkes zu verhindern. Doch nach 6-monatigem Arbeitskampf war alles vergeblich. Es bestand also eine umfangreiche Solidarität.

Durch Kriegszeiten geprägt bestand ein sehr großer Zusammenhalt unter den Kruppianer*innen, sodass heute noch davon gesprochen wird, dass die Arbeitskollegen wie eine Familie waren. Jeder hat jedem geholfen. In Bunkern hat man eng zusammen gehockt. Landwirtschaftliche Tätigkeiten wurden mit größerer Gemeinsamkeit erledigt. So hatte der Mensch auch bei Krupp ein größeres Gefühl für den Zusammenhalt, weil auch viele Erzeugnisse durch eine Gruppenarbeit erledigt werden mussten.

Als früherer Schatzmeister und Archivar im „Freundeskreis lebendiger Grafschaft“ hat uns Herr Sefzig einige Bilder von früher zur Verfügung gestellt. Auf den Bildern seht Ihr links die Lehrwerkstatt und rechts die Kokerei von Krupp.

Quelle: „Archiv Freundeskreis“

Hier seht Ihr ein Foto einer Postkarte von einem „Anfänger“ bei Krupp, der mit seiner Familie auch gleich eine Wohnung von Krupp erhalten hat. Diese Postkarte hat Herr Sefzig uns ebenfalls zukommen lassen:

Auf der Postkarte sind abgebildet:

Links oben: Kruppsches Hüttenwerk mit den ersten Hochöfen und Winderhitzern
Rechts oben: Die erste Eisenbahnbrücke Duisburg – Rheinhausen
Links unten: Die Gastwirtschaft zum Reichsadler, die alle Jahre auch „Stammkneipe“ vieler Kruppianer war. Besser unter dem Namen Holzweiler bekannt.
Rechts unten: Die Bierbrauerei von Köhnen. Ebenfalls an der Atroper Str., Ecke Hochfelder Str. von 1867 bis 1919. Dann an Krupp verkauft Hier entstand das Reihenhaus mit dem Namen „D-Zug“

Auf der Postkarte steht:
Rheinhausen d. 18.4. 05
Ihr Lieben ! Ich theile Euch eben mit daß wir jetzt glücklich angereißt sind. Der Transport nach hier hat gut abgelaufen.
Es grüßt Josef Hochwald nebst Frau u Kind.
Unsere Adreße ist jetzt J. H. Rheinhausen
Margaretenhof Nr. 49b